In den urzeitlichen, subtropischen Wäldern des Ostseeraumes entstand vor ca. 55 Mio. Jahren das fossile Harz, es präsentiert sich uns heute als Ostsee - Bernstein. Das ach so begehrte Souvenier oder Mitbringsel vom Ostsee-strand. Aber auch am Nordseestrand und anders wo auf der Welt, findet man gelegentlich Bernstein.
Kaum ein anderer Rohstoff wird so sehr mit der Ostsee in Verbindung ge-bracht wie der Jahrmillionen alten Harztropfen, Bernstein genannt. Das Ob-jekt der Begierde, ein Bernstein mit „Einschlüssen“ wie Fossilien, Insekten oder Pflanzenteile!
Die Bernsteinküsten erstrecken sich entlang der südlichen Ostsee Strände von Estland über Lettland, Litauen, der samländischen Küste der russischen Enklave Kali-ningrad (Königsberg) bis zu den Küstenlinien Pommerns und Westpommerns und weißen eine beachtliche Länge von über 5.000 km auf.
Vom finnischen Meerbusen über die Bucht von Riga bis nach Klaipéda (Me-mel) am Anfang der Kurischen Nehrung in Litauen. Von der fast 100 km langen Landzunge des Kurischen Haffs (Brackwasserlagune) über die alte Poststraße Königsberg – Memel führte, vorbei an den mächtigsten Wander-dünen Europas (auch ostpreußische Sahara genannt) bis hin zur Danziger Bucht, überall begegnet man den goldenen Juwelen des fossilen Harzes.
Das Gold der Ostsee findet man an der 137 km langen Küste im Samland am häufigsten. Hier in Palmnicken schlummern ca. 90 % des Weltaufkommens von Bernstein.
Der weltweit einzige Tagebau zur industriellen Förderung des Bernsteins "Russkij Jantar" befindet sich nahe Jantarny. Hier buddelt man sich mit schwerem Gerät in die bernsteinführenden „Blauen Erdschichten“ vor die bis zu 60 m tief liegen.
Der größte Abnehmer des russi-schen Bernsteins war seit Jahr-zehnten Polen. Die Bernstein-branche in Pommern, allen vor-an das Bernsteinhandwerk und die Schmuckhersteller in der "Bernsteinhauptstadt" Danzig, beschäftigt mehrere Tausend Mitarbeiter. Seit dem Beginn der Russlandkrise im Jahr 2013 ist die Bernsteinquelle aus der russischen Enkla-ve Kaliningrad, auch sowjetische Beuteprovinz genannt, versiegt. Die Russen liefern nicht mehr an ihre Nachbarn.
Seit dem Exportverbot Russlands und der steigenden Nachfrage der Chinesen haben sich die Bernsteinpreise verzehnfacht. Das verleitet viele, die keine Konzession für den Bernsteinabbau besitzen, illegal Bernstein abzubauen.
Die Erde und nur die Erde leidet unter dem zügellosen Abbau und der Gier der Superreichen, des russischen Staates und der Konzerne im Großraum Kaliningrad. Das wildromantische Stück Ostseeküste wird hier dauerhaft und unwiederbringbar verändert
Keiner denkt an unsere Nachfolgegenerationen, die müssen mit den Folgen unserer menschgemachten Ausbeutung der Erde fertig werden.
Mittlerweile bringen 20 Gramm Bernstein bis zu 1.000 € ein und damit ist er derzeit so wertvoll wie Gold, ja sogar wertvoller. Um die steigende Nachfra-ge bedienen zu können und sich von russischen Importen unabhängig zu machen, suchen polnische Geologen nach weiteren Lagerstätten in Polen. Große Mengen Bernstein werden u.a. in der Region Lublin vermutet.
Als wir auf unserer Busfahrt von Rewal nach Danzig fuhren, machten wir in Stolp halt. Hier lief uns die Legende vom mittel- oder jungsteinzeitlichen Amulett förmlich über den Weg.
Es gibt wohl keinen Menschen, der vom Schicksal keinen Talisman bekom-men möchte, der ihm das Glück sichern würde. Der Aschenputtel erhielt von der Fee goldene Pantöffelchen, welche ihm sein Leben veränderten, der Dieb aus Bagdad einen Zauberteppich, und Sindbad - der Segler eine alte Amphora mit Gin. Der verzauberte Gegenstand gab seinem Besitzer eine übermenschliche Kraft und um diesen Talisman entstand in aller Welt eine jahrhundertlange Tradition.
Auch Einwohner von Słupsk können sich auf die Weltliste der Geschichten über das Streben des Menschen nach Glück eintragen. Es bringt ihnen nämlich das kleine Figürchen des Bernstein-Bären Glück. Schon im Bernstein steckt die Kraft von Sonne, Wind und Wasser. Vor Jahrtausenden haben die Naturkräfte, welche das pommersche Land heimsuchten, ihre Kraft den in der Ostsee versunkenen Bernsteinen abgegeben. Ihre magische Kraft aktivierte sich nach der Förderung aus dem Meer und diente den Bewohnern dieses Küstengebiets. Der Stolper Talisman, welcher von einem Bären-Jäger gemeißelt wurde, gab dem Besitzer die Überzeugung, dass Bernstein die Kraft des riesigen wilden Tieres ausstrahlt, indem er die lebenden Bären zum Nachgeben zwang. Solange der Bären-Jäger das Figürchen bei sich hatte, hatte er keine Angst und keinen Zweifel. Sobald er es verlor, musste er sich vom Leben trennen. Der verlorene Talisman lag Jahrtausende in der Erde, aber dessen Bestimmung war die Unterstützung des Menschen in seinem Streben nach Glück. Er musste daher wiedergefunden werden. Zuerst brachte er Glück einem armen Menschen, dann erfreute er einen alten Professoren, endlich sollte er alle Bewohner von Słupsk glücklich machen. Der kleine Bernstein-Bär weckte in Menschen die Überzeugung, dass sie eine grosse im Schlaf versunkene Kraft haben, und dass es nur von ihnen abhängt, ob sie grosse Taten leisten werden. Die Zeit ging. Das Amulett des Bären-Jägers verließ die Stadt, blieb aber im Gedächtnis der Einwohner. Die Figürchen der Bernstein-Bären geben den Menschen immer noch die magische Kraft von Bernstein weiter, denjenigen Menschen, die unaufhörlich nach Glück suchen
Existierte er tatschlich? Die Geschichte von diesem, knapp 10 cm großen Figürchen ist ziemlich unheimlich. Es wurde 1887 im Torfmoor bei Słupsk gefunden. Als es untersucht wurde, zeigte sich heraus, dass das ein Amulett des Bärenjägers aus der Jungsteinzeit ist. Es wurde zwischen dem Jahr 1700 v.Ch. und 650 n.Ch. datiert. Da die Forscher über das Alter des Fundes nicht einig waren, können wir annehmen, dass dieses kleine Figürchen über dreitausend Jahre alt ist. Das Original blieb nicht lange in Słupsk, denn für den ältesten Gegenstand, der je im Pommern gefunden wurde, suchte man einen sicheren Platz. Dies garantierte das Museum in Stettin, wo sich der Bersteinbär wahrscheinlich bis 1945 befand. Den Einwohnern von Słupsk war es schwer, sich mit dem Verlust des Glücksamuletts abzufinden und im Jahre 1924 hat die Zunft der Bernstein-Handwerker beschlossen dessen Kopie zu machen. Der Autor vom neuen treu abgebildeten Glücksbären war Arthur Fischer, die Figur wurde zum Schmuck der Bernstein-Kollektion im Stadtmuseum im Neuen Tor. Sie blieb da bis März 1945, bevor sie samt allen anderen Bernstein- und Goldkostbarkeiten gestohlen wurde.
Merkwürdigerweise trafen sich sich nach vielen Jahren sowohl die Kopie als auch das Original im Geschichtsmuseum in Stralsund. Im Sommer 2002 teilte die deutsche Presse mit, das die Kopie des Bären öffentlich ausgestellt wurde; das Original des Glücksamuletts dagegen verlässt nicht den Safe von Museum. Es ist ein Geheimnis, wie das Museum der Besitzer von beiden Figürchen wurde. Es freut aber, dass beide erhalten sind. Noch einmal in der Geschichte von Słupsk erschien die Kopie des berühmten Bären. Mit Hilfe vom Stadtpräsidenten Maciej Kobyliński zieht der Bernstein-Bär die Touris-ten zum Rathaus an, wo er in einem besonderen Schaukasten ausgestellt ist. Einmal im Jahr wird das kleine Figürchen versteigert, und der erzielte Ertrag wird für charitative Zwecke verwendet. Dessen Stelle im Schaukasten wird durch die nächste Kopie ersetzt. Die ersten Beschenkten dank des Bären waren alleinerziehende Mütter von drei schwer kranken Kindern. Dank der Großzügigkeit der Unternehmer aus Słupsk, die an der Versteigerung teilnahmen, brachte das kleine Figürchen in die Häuser dieser kleinen Kinder viel Freude. Den sympathischen Bären erhielt von Einwohnern von Słupsk auch der Präsident der Republik Polen - Aleksander Kwaśniewski. Das Bernstein-Figürchen weckt Sympathie, also man kann sich nur freuen, dass es sich an Słupsk knüpft.
Wir wünschen uns, dass es unserer nicht so wohlhabenden Stadt das Wohl-ergehen bringt.
Quelle: Amber Bear of Happiness! - SŁUPCIO von Slupsk - Legende von Slupsk - Talisman Bärenjäger