Ich bin gebürtiger Sachse, lebte in Dresden, dann auch mal etwas weiter weg, lebe jetzt in Heidenau/Sa. und meine Fahrtwege zu den Grenzübergängen in Hrensko, Petrovice, Cinovec, Dolni Poustevna, Rumburk, Moldava, Mnisek, Vejprty, Rožany und wie sie alle heißen, sind recht kurz. Zu Zeiten der DDR gab es sehr viel weniger Grenzübergänge. Die Tschechoslowakei, bis 1960 die ČSR, dann bis 1989 die ČSSR, danach zwei Jahre die ČSFR und jetzt die ČR. Eine wechselvolle Geschichte die wir hautnah erlebten. Und die goldene Stadt Prag nur ganze 137 km, sprich eineinhalb Stunde Fahrzeit mit dem Auto entfernt!
Ich erlebte Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger die Tschechoslowakei (ČSR) als es noch keinen kleinen Grenzverkehr gab. Man benötigte noch eine Art Vi-sum/Passierschein, den man beantragen musste. Ich erinnere mich lediglich noch an die Flüche meiner Mutter, die es mit meiner Oma und mir zu Wege brachte, für einige Tage nach Hirschberg am See im Daubaer Schweiz (heute Doksy) nahe der Burgruine Bösig (Bezděz) als "Belohnung" für den Abschluss der achten Klasse im Jahre 1959 in die Tschechei zu reisen.
Trotzdem gelang es mir, meiner Mutter einige tschechische Kronen aus dem Porte-monnaie zu kitzeln um mir ein großes Glas tschechisches Bier zu bestellen (ich war da knapp 16 Jahre und bekam eins genehmigt), es war ein Dunkles. Seither be-steht wahrscheinlich bei mir der Hang zum tschechischen Schwarzbier! Was mich vor allem beeindruckte war der Preis für diesen halben Liter Bier, er betrug nicht mal eine Mark. Der Wechselkurs seiner Zeit lag so um 1,00 MDN glaub ich hieß das damals in der DDR, ergaben rund 3,20 Česká Koruna.
Für mich war das die erste Auslandsreise überhaupt! Die Tschechoslowakei ist auch mit Abstand das von mir am meisten bereiste Ausland. Wie oft ich dort war, vermag ich nicht zu sagen!
Das hat auch einen gewichtigen Grund, denn ich war über dreißg Jahre mehr oder minder aktiver Bergsteiger! Die Kletter- und Wandergebiete Böhmische Schweiz (České Švýcarsko), Adersbach-Weckelsdorfer Felsenstadt, im Prachauer Felsengebiet, im der Großen-Skaler Felsenstadt, im Böhmischen und Slowakischen Paradies (Český ráj und Slovenský raj), die Tyssaer Wänden (Tiské stěny), der Niedergrund (Dolní Žleb) sowie die Hohe Tatra in der Tschechoslowakei waren beliebte Tourenziele!
Die Tschechoslowakei – Československo entstand nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie auf dem Gebiet der böhmischen Länder – české země sowie der Slowakei – Slovensko. Zu den böhmischen Ländern zählen Böhmen – Čechy, Mähren – Morava und Schlesien – Slezsko. Im offiziellen Namen wurde 1918 die Staatsform mitverankert: die Tschechoslowakische Republik – Československá republika (ČSR).
Sie existierte bis 1960, als sie in die Tschechoslowakische sozia- listische Republik – mit der Abkürzung ČSSR verwandelt wurde. Nach der Wiederver- einigung von 1989 wurde das Attribut sozialistische weggelas- sen, bald aber durch ein anderes Adjektiv ersetzt, und zwar födera- tiv: Československá federativní re- publika u. schließlich Česká a slovenská federativní republika, nun ČSFR hieß!
Der Böhmerwald (Šumava) mit dem Großer Arber (1.456 m ü. NN), ist eine etwa 120 km lange Gebirgskette, die auf beiden Seiten entlang der tsche- chisch-deutsch-österreichischen Grenze verläuftt, war und ist eines meiner bevorzugten Reisegebiete, doch dazu später!
Das Böhmische Paradies (Český ráj) mit seinen bizarren Felsen- städten, ja das gesamte Nord- böhmen waren oft Ausgangs- punkte wunder- barer Wander- und Klettertouren während meiner aktiven Bergsteigerzeit und das Kletter- eldorado der Tschechei für uns sächsischen Bergsteiger schlechthin.
Ein weiteres High- light für uns war Süd- und Nieder- mähren, das Wein- anbaugebiet der Tschechei, die sau- re Gurken Herstel- lung um Znaim, die weißen Felsen, das Nikolsburger Bergland, die idyllischen Winzerdörfer am Fuß der Berge (Süd- mährische Weinstraße) und nicht zuletzt den Badervergnügen am Stausee von Neumühl und den Ufern der Thaya! All zu oft denke ich an diese recht un- beschwerte Zeit zurück, zumal alle Fahrstrecken in der ČSSR mit dem Plaste- bomber Trabant 601 Kombi bewältigt wurden.
Der Böhmerwald, sehr oft waren wir dort und haben fast immer im Camp in Kundratice (Hartmanitz), am Radešovský Bach gezeltet! Es war unbeschreiblich schön, mitten im Wald und Tschechen und Deutsche waren stets Quietschvergnügt. Wir führen dann weiter nach Böhmisch Krumau, Budweis oder Schüttenhofen.
Im Mittelpunkt so mancher Diskussion stand der "Prager Fühling" und wie die Russen den Alexander Dubček (Generalsekretär der KSČ 1968-69) abgesägt haben. Wir hatten in Dresden die Panzeraufmärsche und das schauerlich dröhnen der Panzerkolonnen der Russen und der NVA Richtung Tschechoslovakei (Prag) hautnah mit erlebt! Die Freundschaft unter den "Leidensgenossen" war somit gebongt und Bier gabs reichlich!
Die Hohe Tatra (Vysoké Tatry) mit ihrer höhsten Erhebung, der Gerlsdorfer Spitze (2.655 m) ist höchster Teil der Karpaten. Für uns eingefleischte DDR Bürger war die Hohe Tatra das Hochgebirgserlebnis!
Die Orte Poprad, Starý Smokovec und Tatranská Lomnica waren die belieb- testen Ausgangspunkte für unsere Berg- und Wandertouren.
Das Slowakische Paradies (Slovenský Raj) ist ein Gebirgszug und heute NP im Zentrum der Slowakei. Es ist halt das Slowakischen Erzgebirge in den Westkarpaten. Zahlreiche, z.T. wasserführende Schluchten, spektakuläre Wanderwege und Kletteranlagen geben der abenteuerlichen Landschaft ihr Gepräge! Unbedingt sehenswert, also ein muss, wenn man dort ist, die Dobschauer Eishöhle.
Das waren öfters unsere Reiseziele, wobei ich nicht der Skifahrer vor dem Herrn war (Sportunfall) und somit lieber in der schneefreien Zeit dort die Natur genoss. Der Aufenthalt im Slovensky Raj machte mir wegen der Urwüchsigkeit der Natur besonders viel Freude!
An dieser Stelle über das Böhmische Bäderdreieck zu schreiben ist schon Pflicht. Nirgendwo auf der Welt existieren so viele Mineralquellen, die aus dem Erdinneren treten wie eben hier zwischen Karlsbad (Karlovy Vary - wohl traditionsreichster Kurort der Welt), Marienbad (Mariánské Lázně) und
Franzensbad (Františkový Lázně). Hier befinden sich die größten und bekanntesten Bäder und Kurorte.
Ich hatte das Glück, als Jugendlicher Anfang der sechziger Jahre für drei Wochen eine prophy- laktische Kur in Marienbad zu absolvieren. Die Erinnerungen hierzu sind verblasst, doch bereist, bzw, besucht habe ich in den Folgejahren, diese auf mich pompös wirkenden Kurorte schon. Sie hoben sich erheblich vom Umland Westböhmens ab. Diese Kontraste sind mittlerweile nicht mehr zu sehen!