Nach dem vorhergenden Reisebericht ist dieser nun der zweite, den ich aus dem Dornröschenschlaf wecke und mit gescannten und bearbeiteten Bildma-terial, fünfzehn Jahre später hier kreire. Auch diese Fotos fand ich bei meiner Fotokisten - Räumaktion.
Vor dem Jahr 2000 wäre ich wohl nie und nimmer auf die Idee gekommen, eine Reise nach Ecuador zu planen, geschweige denn durch zuführen. Da je-doch die Tochter (inkl. Söhnchen) meiner damaligen Freundin, befristet zu ihrem Freund nach Cuenca zog, ergab sich dieser Tatbestand zwangsläufig. Denn eine Mutter will ja schließlich wissen, wie und wo ihr Kind und ihr En-kel lebt und wohnt. Kurz um, ich wurde gefragt ob ich denn mitfahren würde und so sollte dann im Februar 2000 die Reise nach Ecuador in den Nord-westen Südamerikas stattfinden. Das Land, im Pazifischen Feuerring liegend, verfügt über nicht weniger als 73 Vulkane, wovon noch 18 aktiv sind. Darunter auch Quitos "Hausberg" der 4.778 m hohe Guagua Pichincha, der Cotopaxi, der Tunguahura, der Sangay u.a.m.
Wir erlebten noch die letzten Tage der ecuadorianischen Währung Sucre (ECS), die umsich greifende "Dollarisierung" war aber schon im vol-len Gange. Im September 2000 war es dann soweit, der USD wurde of-fizielles Zahlungsmittel in Ecuador!
Die Entfernung, bezogen auf die Flugroute über Newark, Houston (Motel-übernachtung) und Panama City nach Quito betrug ca. 12.370 km.
In Quito gelandet, die gesamte Atmosphäre auf dem Airport war militant, es war spät geworden, also fragten wir
einen Taxifahrer nach einer günstigen Bleibe. Wir übernachteten für 20 $ das Doppelzimmer um am nächsten Morgen wieder zum Airport Quito (seit 2013 ist es der Internacional Mariscal Sucre) zu
fahren. Hier trennten sich nun unsere Wege, während Udo und Ingo zu dem Terminal gingen wo die Maschinen nach Galapagos Islands Baltra (1.237 km) fliegen. Ich erinnere mich noch an einen großen
Andrang, wir beide indes gingen zum Gate mit dem Flug nach Cuenca.
Wir flogen mit der einheimischen Fluggesellschaft TAME (Transportes Aére-
os Militares Ecuatorianos) zum Ziel nach Cuenca. Unsere Maschine war eine klapprige, gebraucht erworbene Boeing 727-100 die die 302 km über die Anden (mit ca. 7.500 km die längste Gebirgskette der Welt) in knapp einer Stunde zurück legte. Uns war nicht wohl, mit deutschen bzw. interna-tionalen Standards hatte das wenig zu tun. Bezeichnender Weise, so ein Flyer im Flieger, flog man nur im Inland aber auch nach Chile und Kuba! Wir wa-ren froh, problemlos in Cuenca (UNESCO Weltkulturerbestadt seit 1999) gelandet zu sein. Nun begann unsere abenteuerliche Reise in einem Land, dessen Sprache wir überhaupt nicht sprachen! Das interessierte uns nicht wirklich, die Kinder konnten sich ja auf spanisch verständigen.
Am Airport Cuenca warteten wir nur wenige Minuten und schon lagen sich Mutter und Tochter in den Armen, herzliche Begrüßungseuphorie! Marco und ich taten dies auf Männerart. Gepäck verstauen im wohl klapprigsten und un-dichtesten Jeep, einen Toyota Land Cruiser FJ40 etwa Bj.1977, den ich je zu Gesicht bekam! Hinten, längs zur Fahrbahn zu sitzen, eine Herausforderung, doch dazu später! Übrigens hieß das "Gefährt" LEONARD.
Danach hieß es aufsitzen und in die Stadt fahren. Verpflegung einkaufen und dann endlich ins Landhaus (Quintas) nahe Cuenca/Santa Isabel/La Union gefahren, in dem sich auch für die Zeit des Ecuadoraufenthaltes die Kinder einquartiert hatten. Die Überraschung war groß, wir fanden ein gerämiges, sauberes, ordentliches Haus vor. Fazit, hier ließ es sich aushalten!
Während wir (Inge, Britt, Marko und Söhnchen) uns in Cuenca den Anden/Cordillera Central (Ingapirca, Riobamba, Ambato, Banos) und am Pazifik aufhielten, waren Udo und Ingo auf den Galapagos Islands (es
sind deren 70) aktiv. Ankunft am Baltra Airport, kurze Kanalüberfahrt (Itabaca) und dann mit einem farbenfrohen Bus nach Puerto Ayora.
Nach kurzer Suche fanden sie hier eine private Bleibe zu moderaten Preisen. Nun konnte die Erkundung der einzigartigsten Flora, in der es über 700 Ar-ten in 6 verschiedenen Vegetationszonen gibt, beginnen. Besonders hervor zu heben ist wohl das Wahrzeichen der Galapagosinseln, die Opuntiakakteen. Die sechs endemische Arten hier können bis zu neun Meter hoch werden. Von den Miconia-Büschen, Guaven, Chinarindenbäumen, Baumfarnen, Bär-lappgewächsen, Wasserfarnen und Torfmoosen will ich gar nicht erst an-fangen zu schwärmen.
Die Fauna der Galapagos Inseln ist berühmt für ihre nicht vorhandene Men-schenscheu. Das echt einmalige Erlebnis, zwischen den in der Sonne dösen-den Seelöwen (das am weitesten verbreitete Tier der Inseln), Landleguanen sowie den brütenden Vögeln herum zu stolzieren ist Genuss pur. Zuviel Nähe ist aber nicht ratsam, es sind eben frei lebende Wildtiere.
Interessant zu wissen, dass es nur vier Säugetierarten auf den Inseln gibt, da es nie eine Festlandverbindung gab, ergo keine Übersiedlungen. Es gibt neun verschiedene Reptilienarten auf Galapagos. Die wohl berühmteste Art ist die Riesenschildkröte und ist Namensgeber des Archipels. Hervor zu heben ist hier Lonesome George, der mittlerweile altersbedingt verschied. Von den ursprünglich 14 Arten existieren nur noch 11. Der Archipel hat derzeit eine Population von ca. 25.000 Exemplaren, sie werden bis zu 250 kg schwer und um die 150 Jahre alt!
Es leben noch Landleguane (gefährdet), Meeresechsen (schwarze Minidra-chen), Lavaechsen, Gecko´s (fünf verschiedene Arten) und Dromicus-Schlan-gen. Alles in allem, eine imposante und überwältigende Flora und Fauna.
Für die Ornitologie Freaks geht hier so etwas wie von die Sonne auf, einfach unglaublich. Seevögel allein 19 Arten gibts hier, 40 Land- und Watvogelar-ten. Der King unter den Seevögeln, der berühmte Galapagosalbatros bringt es auf eine satte Flügelspannweite von 2,40 m! Des weiteren sind da auch die Blau- und Rotfußtölpel, Kormoran (auch Galapagosscharbe), braune Pelikane , Flamingos und natürlich die Galapagos- Pinguine zu nennen. Ich wills dabei belassen, es gibt noch so viele mehr!
In der einzigartigen Unterwasserwelt tummeln sich über 300 Fischarten. Es gibt hier auch 37 Arten von Haifischen! Der majestätische Manta-Rochen bringt es auf eine Spannweite von bis zu fünf Meter. Meeresschildkröten und manchmal auch Delfine sind hier ebenso an zutreffen wie vor allem auch die rote Klippenkrabbe.
Wir unternahmen eine selbst organisierte Motorbootfahrt zur kleinen Carma-no Insel und in die Tortuga Bucht mit dem einzigen weißen Sandstrand auf Galapagos. Den suchten wir zu Fuß am Vortag auf. Der absolute Höhepunkt war aber der dreitägige Segeltörn (inkl. Crew mit Ärztin, Ranger und Koch) wie auf der obigen Karte angezeigt. Hierbei konnten wir die herrlichsten Fotos schießen und schorcheln.
Fahrt auf dieses herrliche Archipel und ihr erlebt es mit eigenen Augen, es ist grandios!
Wir indes begaben uns mit dem altersschwachen Jeep auf z.T. recht schlech-ten Straßen in die Anden nach 1837 gegründeten Chordeleg (auf deutsch et-wa: schneckenförmiges Feldgrab), der uralten und charmanten Cantonstadt in der Provinz Azuay. Sie entstand auf und an den Kult- und Ruinenstätten der indigenen Kañari Stämme, die vor ca. 5000 Jahren hier lebten. Hier ge-fundene Grabbeigaben aus kunstvollem Gold-, Silber-, Bronze- und Keramik-schmuck erlebte viele Generationen später durch das Metallhandwerk in Chordeleg seine Renaissance.
Die Stadt ist deshalb so interessant und europäisch anmutend, weil es die letzte und wohl einzige Stadt Ecuadors ist, die noch die Handwerkszünfte, das Kunsthandwerk pflegte.
Wie das heute nach 15 Jahren ist, weiß ich nicht. Chordeleg, am Santa Bar-bara River gelegen, wird auch als Gilde- oder Zunftstadt (spanischen Koloni-alzeit) von Handwerkern (Edelmetall) und Kaufleuten bezeichnet. Der zen-trale Marktplatz mit vielen Bäumen und Sträuchern, der kleinen Mutterkirche (Iglesia Matriz) und vielen Geschäften rings um ist für das Land nicht selbst-verständlich, uns Mitteleuropäern aber wohl bekannt.
Chordeleg ist ein indigenes Schmuck-Shopping-Paradies auch für den kleine-ren Geldbeutel. Wir kauften auch recht preiswert ein, feilschen ist Pflicht!
WIR HATTEN PECH MIT DEM WETTER, ES REGNETE IN STRÖMEN!
Tags darauf fuhren wir durch die Anden nordwärts über Borrero, Azogues nach Ingapirca in der Provinz Cañar zu den in 3.230 m hoch gelegenen Ingapirca Ruinas. Diese sind auch als Hatun Kañar bekannt und einstige Kultstätten der Kañari! Die siegreichen Inka und die unterlegenen Kañari er-bauten hier u.a. den weithin sichtbaren Sonnentempel, ein Ob-servatorium, Grabstätten und ri-tuelle Bäder. Überzeugend und zugleich phänomenal für mich als "Bau-mensch", die fugenlose, passgenaue Bauweise von Mauern und Gebäuden, sowie das unterirdische Bewässerungssystem.
Vor der entgültigen Fertigstellung eroberten und plünderten es die Spanier.
Nach intensiver Besichtigung ging es weiter via Norden z.T. auf der Paname-rikana nach Riobamba am Fuße des Chimborazo (6.310 m), Ambato und dem Tagesziel Baños de Agua Santa, kurz Baños.
In unmittelbarer Nähe steht der wohl aktivste Vulkan Südamerikas, der 5.023 m hohe Tungurahua. Er, "Feuerrachen" genannt, wurde im August 1999 wieder aktiv. Bis heute verbreitet der zuletzt im Februar 2014 wieder eruptierte Vulkan Angst und Schrecken. Bei unserem Besuch der ca. 18.000 Einw. zählenden Stadt (sie wurde rechtzeitig evakuiert) sahen wir noch Reste der dicken, anthrazit-farbenen Ascheschicht (sog. Pyro-klaste) in den fast menschenleeren Straßen. Das alltägliche Leben in dieser Thermalbäderstadt pulsierte noch nicht wieder und nach dem kurzeitigen Aufenthalt, nicht ohne am bekannten Wasserfall der Stadt "El Cabello del Virgin" (Haar der Jungfrau) gewesen zu sein, verlassen wir wieder die "Allee der Vulkane" Richtung Süden nach Cuenca.
Gewöhnungsbedürftig ist das, allerdings nur vom Aussehen her, das Nationalgericht Ecua-dors, gegrilltes CUY.
Es schmeckt lecker. Wir aßen damals das beste Cuy (ge-grilltes Meerschweinchen mit Erdnusssoße, gekochten Kar-toffeln, grünem Salat und Tomaten) im Raum Cuenca bei Chordeleg. Die ideale Speise um das Erlebnis "Ecuador" auch kulinarisch zu genießen.
Der Vollständigkeit halber muss ich auch den in Cuenca und anderswo in Ecuador zu kaufenden Panamahut erwähnen. Der legen-dere, echte Panamahut kommt aus Ecuador. Dieses einzigartige Kunstwerk aus dem Na-turstoff Toquilla-Stroh. Jeder Panamahut ist ein geflochtenes, ca. 100 g leichtes Unikat. Sein Wert richtet sich nach der Flechtungs-dichte, es gibt vier Standardqualitäten!
Der Panamahut hat mit Panama rein gar-nichts zu tun! Schuld an der ganzen Sache u.a. sei wohl US-Präsident Theo-dore Roosevelt, der 1906 diesen Hut bei einer Baustellenbesichtigung des Panamalkanals trug. Auch Napoleon III. hat am Missverständnis eine Aktie, als 1855 der für ihn gedachte "Sombrero" in Panama eingeschifft wurde. Den wohl berühmtesten Hut der Welt trugen u.a. Kaiser Napoleon III., Harry S. Truman, Winston Churchill, Erich Honecker, auch für Mustafa Kemal Ata-
türk war er das Symbol des modernen Mannes, Ernest Hemingway, Schau-spieler Paul Newman und viele andere mehr. Ich kaufte mir auch einen, al-lerdings nur das Exemplar für Otto- Normalverbraucher!
Wir sind anschließend zur Pazifikküste über Machala, Guayaquil, Ballenita nach Montanita (Kleiner Hügel), in das bunte und pulsierende Backpacker-, Aussteiger-, Surf- und Party- Paradies an der Küste der Provinz Santa Elena ge-fahren. Auch die Kunst- und Musikszene war sehr auffällig. Für mich gabs zwei unvergessliche Highlights! Ich genoss dort das wohl bestschmeckende "Schweinsohr" und die die beste "Pina Colada" meines Lebens. Der Trip (inkl. der Fahrt, denn wir erlebten u.a. die offen korrupte Polizei bei der Straßenkontrolle) zum 6 km langen Goldsandstrand war ein nachhaltiges Traumerlebnis.
Da wir uns trotz Absprache verfehlten, fuhren Udo und Ingo in den Re-genwald des ecuadorianischen Amazonasbeckens, in die Hauptstadt der Provinz Napo, Tena. Am nächsten Tag ging es weiter in südlicher Richtung zum Rio Napo um auf einer "Straße" zum Puerto Misahuallí zu gelagen. Die 24 km bis in das 500 Seelendorf der Kichwa hatten es in sich. Hier wurde im Hostal la Posada geschlafen. Mit dem Boot ging es noch bis Ahuano (Wildtierauffangstation Amazoonico) - auch Rettungszentrum für Wildtiere. Für die beiden, der Höhepunkt in Sachen Regenwald schlechthin!
Am 25.02. trafen wir uns wieder im Hotel, in dem wir schon am 12.02. ge-nächtigt hatten. Zuvor waren Udo und Ingo noch in San Antonio de Pichin-cha, dem Ort, an dem der 30 m hohe pyramidenartige Monolith, das Äquator-monument "La Mitad del Mundo" in der Nähe von Quito steht. Am 26.02.00 um 8:00 Uhr war der Abflug aus Quito geplant, statt dessen 1,5 Std. Verspä-tung wegen Flugplatzsperrung. Dann endlich ging es über Bogota und New-ark wieder zurück nach Frankfurt. Ein kurzer, aber sehr prägnanter Urlaub!